Die Geschichte eines Geliebten…
Traditionelle mündliche Überlieferung, die ursprünglich von Ciaban dem Ruhelosen, einem wandernden Barden, erzählt wurde
Guten Abend, meine Kinder, hört gut zu, denn ich werde euch die Geschichte einer tragischen Liebe erzählen, die vereinigt, und dann zerrissen wurde…
Vor langer Zeit verliebte sich Cliodna, die schöne und gerissene Königin der Fae. Es war kein gewöhnlicher Mann, der der Königin Herz gestohlen hatte; gelockt war sein Haar und verwebt mit Schatten so dunkel wie die tiefste Nacht, seine Augen leuchteten wie helle Sterne, seine Haut war bleich und glatt wie frisch gefallener Schnee. Doch nicht seine Schönheit war es, was die Augen der Königin auf ihn richteten, denn eine Fae der Liebe und Schönheit verfügt über zahllose schöne Dinge. Es war die Verlegenheit dieses Sterblichen, der Nacht für Nacht zur Königin zurückkehrte, um sie mit Liedern und Geschenken zu umgarnen, Geschenken, wie sie sie noch nie zuvor von einem Verehrer erhalten hatte. Auf ihrem Balkon fand sie häufig lange, wunderschöne Bänder für ihr Haar, kunstvoll hergestellte Halsketten aus Holz und Samen, Berge von wunderschönen, seltenen Blumen, die außerhalb ihrer Reichweite im Seelie Court lagen. Oft bewunderte die Königin diese Gaben, während sie sich auf ihrem Balkon zurücklehnte und seinen sanften Liedern und Gedichten lauschte, die er ihrer Schönheit widmete.
Viele Male stieg die Sonne in den Himmel, bis der Charme des Sterblichen seinen gewünschten Effekt auf die Königin hatte, und in einer langen Nacht verließ sie den Hof und nahm ihn zum Gemahl. Als sie zurückkehrte, berichtete ein jeder, der ihr begegnete, dass sie aussah, als hätte sie einen großartigen Preis gewonnen, und die beiden Liebenden verbrachten viele Tage damit, sich ineinander verschlungen in den Armen zu liegen. Diese kleine Ablenkung jedoch machte sie verletzlich für die Machenschaften des Hofs und es sollte nicht lange dauern, bis ein Mitglied des Hofes der Seelie dies zu seinem Vorteil nutzte. Ihre süßen Worte wurden als falsche Versprechen und leere Loblieder verstanden, die viele Anhänger verstimmten. Ihre Feinde verbündeten sich und nutzten diese Schwachstelle aus, um den Hof gegen sie zu wenden. Nicht lange darauf wurde sie durch den Schleier in die Traumwelt verbannt, einsam und mit dem Verbot auferlegt, Hibernia jemals wieder zu betreten.
Doch die Regeln anderer gelten oft nicht für die Königin. Sie besaß noch immer viele treue Anhänger überall im Land, die ihren Wünschen mit Freuden nachkamen. Mit der Zeit versammelte sie ihre Armee und trachtete danach, zurück zu ihrem Geliebten kehren zu können. Damit ihr Vorhaben von Erfolg gekrönt wäre, schloss sie sich sogar mit dem Hof der Unseelie in der Traumwelt zusammen und ihre Schläue erlaubte es ihr, die Kontrolle wieder zu übernehmen. Und während ihre Macht in der Traumwelt mit jedem Jahr, das verging, stärker wurde, so wurde diese dennoch übertroffen von dem Verlangen nach ihrer verlorenen Liebe. Warum sollte ihr die Nähe ihres Geliebten verwehrt bleiben, warum sollte es ihr verwehrt bleiben, im wunderschönen Hibernia zu leben? Hibernia sollte ihr gehören. Sie sollte frei sein, mit ihrem Geliebten zu leben. Der Hof der Seelie sollte derjenige sein, der in Verbannung lebt. Und so versuchte sie, aus ihrem Exil zu entfliehen.
Wild dazu entschlossen, den Hof der Seelie in Hibernia zu konfrontieren, plante sie eine kleine Invasion in den Bog of Cullen, um dort ihre Stellung aufzubauen. Viele der verbannten Siabra folgten ihr in den Sumpf um sie zu unterstützen, während der Rest ihrer Kräfte sich versammelte. Tragischerweise jedoch unterschätzte sie die Stärke derer, die sich ihr entgegenstellten und ihre von Rache erfüllte Rückkehr in den Bog of Cullen traf auf die gewaltige Macht des sie erwartenden Hof der Seelie.
Ihre melodische Stimme konnte das kälteste Herz wärmen und selbst den stursten Geist überwinden, doch die Weisen und Mächtigen des Hofs der Seelie kannten ihre Kniffe nur zu gut. Sie rüsteten sich in Stahl und stellten sich ihr auf dem Schlachtfeld entgegen mit standhaften Kriegsveteranen, unerbittlichen Kämpfern, die nicht nachgeben würden. Von dieser unbeugsamen Macht konfrontiert zog sie sich zurück in die Traumwelt. Ihr Plan war gescheitert, ihre heimlichen Gefolgsmänner vertrieben aus dem Hof der Selie und sie wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war; entweder würde sie unvermeidlich zurückkehren, oder man würde ihr nachstellen. Und so übernahm sie den Hof der Unseelie ein für allemal und begann damit, ihre Kräfte zu versammeln.
Der Hof der Seelie jedoch ist keiner, der die Dinge bei dem belässt, wie sie sind. Stattdessen drängen sie vorwärts, wohl wissend dass Cliodna, wenn sie sich selbst überlassen bleibt, nur mit einer noch größeren Streitmacht zurückkehren wird. Und so marschieren sie, langsam zunächst, wie es bei Armeen oft der Fall ist, durch den Schleier und in die trostlose Nacht der Welt der Träume. Schon bald werden sie feststellen müssen, dass die Traumwelt nicht lediglich eine Reflektion unserer Welt ist, und dass sie sich für sterbliche Eindringlinge nicht erwärmen mag.