Meinung: Warum neue PvE-Inhalte wichtig sind
Auf 4players und in den Kommentaren auf Facebook lese ich dieser Tage häufig Unverständnis dafür, dass bei einem so RvR-basierten Spiel wie Dark Age of Camelot momentan viele Ressourcen in die Aktualisierung bestehender PvE-Inhalte sowie die Erstellung komplett neue PvE-Inhalte gesteckt werden. „Wer PvE will, der spielt WoW!“, heißt es. „Warum werde ich ständig ins PvE gezwungen?“ oder „Muss ich etwa schon wieder ein neues Template erstellen?“ wird gefragt, und häufig wird gefordert: „Fixt doch endlich mal die bestehenden Bugs, anstatt neue Sachen ins Spiel zu bringen!“ Aus Sicht der eingefleischten RvR-Fans sind die Aktivitäten rund ums PvE nicht nachvollziehbar und werden sogar oft als störend, als unerwünscht empfunden. Warum investiert Broadsword also ins PvE? Den genauen Grund verraten sie auch den Knights nicht. Meine rein persönliche Erklärung dazu ist wie folgt:
Das RvR ist keine Baustelle mehr
Das RvR wurde im vergangenen Jahr stark überarbeitet. Broadsword hat selbst mehrfach erklärt, dass sie mit dem momentanen RvR relativ zufrieden sind. Was noch einmal überarbeitet werden soll, sind die Relikte. Diese sind derzeit zu einfach zu holen. Hier sind Änderungen geplant, es ist aber noch nicht bekannt gegeben worden, wann dies geschehen wird. Ich stimme dem zu: Es gibt ausreichende Action im RvR, alle Spielstile haben ihren Platz, und die Relikte sind in der Tat zu schnell und zu einfach zu holen. Ich erinnere mich aber noch gut an den Aufruhr, als letztes Jahr am RvR geschraubt wurde. Würde das RvR ständig verändert werden, wäre das ein viel größerer und deutlich negativerer Eingriff und würde viel mehr Spieler vertreiben, als es neue Inhalte im PvE tun. Was bleibt also noch, um neue Inhalte ins Spiel zu bringen, außer das PvE?
Why not both?
Der häufig gebrachte Vorwurf, dass bestehende Bugs nicht gefixt würden, ist schlichtweg falsch. Es werden kontinuierlich Bugs gefixt, insbesondere auch Dauerbrenner, über die sich immer wieder in Forenbeiträgen beschwert wird, wie Exploits, wenn sich jemand in Keepmauern versteckt, oder seltsame Probleme mit RAs:
Auszug aus den Patchnotes Version 1.116:
- (Grafik) Mehrere fehlerhafte Stellen, an denen ein unerlaubtes Betreten der Festungsmauern möglich war, wurden behoben.
- (Crash) Spielabbrüche, die aus verschiedenen Kombinationen der Barden Reichsrang 5-Fähigkeit und klassischen Charaktermodellen hervorgehen, wurden behoben.
Auszug aus den Patchnotes Version 1.115:
- Es wurden verschiedene Punkte, an denen Spieler sich in Festungsgeometrien verstecken konnten, behoben.
Was viele auch übersehen ist, dass das Beheben vorhandener Fehler und das Erstellen neuer Inhalte bzw. die Überarbeitung von bestehenden Inhalten sich nicht ausschließen. Soetwas läuft in der Regel parallel zueinander ab und es sind ganz andere Mitarbeiter damit beschäfigt. Soll der 3D-Artist Däumchen drehen, weil eine RA nicht funktioniert und die Quality Assurance damit beschäftigt ist herauszufinden, warum genau die Fähigkeit nicht das tut, was sie soll? Sicher, es gibt noch einige Baustellen, die noch offen sind. Ja, es dauert länger als bei anderen Spielebetreibern, bis diese endlich gefixt sind, vor allem wenn man bedenkt, wie lange manche davon im Spiel sind. Ich habe persönlich keine Ahnung von Programmierung und kenne dazu auch den DAoC-Code nicht, aber DAoC ist nicht dafür bekannt, in der Hinsicht sehr zugänglich zu sein – im Gegenteil. Man sagt ihm nach, sehr chaotisch, sehr verwirrend und nicht immer sehr effektiv zu sein, vor allem aber ist er eines: sehr veraltet. In einem Rückblick zum 12-jährigen Bestehen DAoCs sagt etwa Mythic-Mitbegründer Rob Denton: „Some parts of the Camelot server codebase and architecture go back over 25 years.“ – Einige Teile des Camelot-Servercodes und der Architektur sind mehr als 25 Jahre alt. Es überrascht mich nicht, dass es seine Zeit braucht, bis Fehler behoben sind und dass die Behebung mancher Probleme ganz neue Bugs hervorbringen. Bei all dem Frust und Ärger, den alte Probleme mit sich bringen, muss ich mir dennoch nur einmal kurz vorstellen, wie es wäre, wenn ich Teil eines solchen Teams wäre, dass an der Behebung dieser Fehler arbeitet, und kann verstehen, was für ein Albtraum es wohl sein muss, in dem ganzen Code-Durcheinander herauszufinden, an welcher Stelle genau es hakt und das dann zu beheben, ohne dass dadurch fünf andere Dinge plötzlich nicht mehr so funktionieren, wie sie sollen. Wie lange die Einarbeitungszeit sein muss, will ich mir aber lieber nicht vorstellen. Sie wird lang sein.
Viele Gamer lieben PvE
Der in meinen Augen wichtigste Grund, warum offenbar ins PvE investiert wird, ist schlichtweg der, dass DAoC mehr Spieler braucht. Sicher, die RvR-Aktivität ist ausreichend und auch sogar leicht steigend, aber damit es so bleibt bzw. noch weiter ansteigt, müssen mehr Leute das Spiel spielen. Die breite Masse an Spielern möchte jedoch beides – PvE und RvR. Wem ein geiles RvR reicht, der spielt das Spiel bereits. Da Dark Age im PvE-Bereich derzeit jedoch keinen großen Reiz bietet, gibt es für diese sehr große Gruppe an Spielern momentan keinen Grund, überhaupt mit DAoC anzufangen. In der Tat ist es so, dass PvE mehr Spieler anlockt, als RvR es tut. Der Großteil macht überwiegend PvE und gelegentlich RvR. Nun kann man argumentieren, dass man „solche Spieler“ ohnehin nicht in einem RvR-basierten Game wie DAoC möchte – aber das wäre doch sehr arrogant und kurz gedacht. DAoC soll noch viele Jahre erhalten bleiben, aber das geht nur, wenn man auch andere Spieler mit ins Boot holt. Zudem ist der PvE-Inhalt das erste, was man im Spiel kennen lernt. Wenn das PvE aber weiterhin so ausgestorben und veraltet ist, wie es sich derzeit noch präsentiert, schreckt es Neulinge gleich wieder ab.
Es ist leicht zu sagen, dass im PvE nichts mehr getan werden muss, wenn man sich nur noch im Endgame aufhält. Ein lebendiges und aktives PvE ist die Quelle für mehr Spieler im RvR. Wenn aber die Quelle versiegt, trocknet der Fluss aus und es bleibt ein totes, einsames Flussbett zurück.
Mehr PvE macht es einfacher und nicht schwerer, an Items zu kommen
Oft wird argumentiert, dass man ins PvE „gezwungen“ würde, wenn man weiterhin mitspielen will. Das ist aus mehreren Gründen falsch. Zum einen weiß jeder, dass man bei DAoC selbst mit einem alten Template noch problemlos ins RvR gehen kann. Ja, sicher, man hat mit einem acht Jahre alten Template weniger Spielereien als mit einem aktuellen Template, einfach, weil auf den alten Items nicht so viel drauf war und es dadurch viel schwerer war, alles auf Maximum und Cap zu bekommen. Das ist heute leichter. Anders als bei anderen Games sind neue Items in DAoC aber nicht automatisch viel besser als alte. Vor allem aber ist es bei DAoC nicht so, dass man nach Jahren Pause erst einmal leveln muss, bis man auf der neuen Maximalstufe angekommen ist, und in dem Prozess sein Template eh über Bord wirft. DAoCs Maximalstufe ist weiterhin Stufe 50. Auch die geplanten Caperhöhungen werden daran wenig ändern – es sollen die Caps durch Mytherien angehoben werden, und die sind heute schon als „Extra“ im Template! Auch die Anhebung der Championstufen war nichts, was jemanden „ins PvE gezwungen“ hätte, denn die zum Erreichen nötige Erfahrung hat sich wunderbar nebenbei im RvR sammeln lassen.
Zum anderen führt ein belebtes PvE mit mehr Spielern auch dazu, dass das Angebot in der Housingzone steigt, während die Preise sinken. Bei DAoC sind die allermeisten Gegenstände frei handelbar, es gibt nur wenige Ausnahmen wie die Epicrüstung oder die Blutsiegel – aber selbst bei letzteren macht dies im Endeffekt wenig aus, da die für Blutsiegel zu kaufenden Gegenstände nicht an einen Charakter gebunden sind und normal gehandelt werden können. Möchte man also einem Charakter ein neues Template verpassen, geht dies mit einem belebten PvE viel einfacher und günstiger.
Ich freue mich daher sehr über die Kampagne und die Überarbeitungen der Dungeons. Ich habe die Hoffnung, dass nach Abschluss der Arbeiten am PvE und der angekündigten Aktualisierung und Modernisierung des UIs, sowie der Einführung von verschiedensten Komfortfunktionen (Postsystem!!!) endlich die Stream Greenlight-Veröffentlichung vorangetrieben wird und, zusammen mit etwas Werbung, DAoC wieder richtig wettbewerbsfähig sein wird. Veränderungen sind nicht Jedermanns Sache, aber sie sind von Zeit zu Zeit notwendig. Ich finde, Broadsword macht das weitaus besser, als es all die Jahre vorher versucht wurde. Die Änderungen am RvR wurden so angepasst, dass der überwiegende Teil der Spieler damit zufrieden ist, die Neuerungen und Aktualisierungen im PvE sind immer eine Wahlmöglichkeit und nie Pflicht, und die bereits vorgenommenen und noch angekündigten Modernisierungen sind dringend nötig, um Dark Age of Camelot für uns alle noch lange zu erhalten. Wir haben alle etwas davon.